Frisches Obst und Gemüse enthält sekundäre Pflanzenstoffe.
Ein hoher Blutdruck sinkt häufig, wenn du abnimmst und auf eine gesunde Ernährung achtest.

Bluthochdruck natürlich behandeln

Dr. Andrea Flemmer, Dipl.-Biologin, Ernährungswissenschaftlerin und Autorin.
Dr. Andrea Flemmer ist promovierte Diplom-Biologin, Ernährungswissenschaftlerin und Autorin zahlreicher Ratgeber rund um die Themen Medizin, alternative Therapien und Ernährung.

Bluthochdruck (Hypertonie) ist das stille Leiden. Er tut nicht weh und seine Symptome wie Schwindel, starkes Herzklopfen oder Nasenbluten passen auch zu anderen Erkrankungen. Daher bleibt Bluthochdruck oft jahrelang unentdeckt und macht sich erst durch seine späteren Folgen bemerkbar. Bluthochdruck zählt zu den Hauptursachen von Herzinfarkt, Schlaganfall und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Damit es gar nicht erst soweit kommt ist es wichtig, den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren und Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, hohe Blutfettwerte, übermäßigen Alkoholgenuss und Stress abzubauen.

„Für die Behandlung von Bluthochdruck sind in vielen Fällen blutdrucksenkende Medikamente gar nicht nötig“, sagt Ernährungswissenschaftlerin Dr. Andrea Flemmer. „Ein hoher Blutdruck sinkt nämlich oft schon, wenn man abnimmt und auf eine gesunde Ernährung achtet.“ Was dabei wichtig ist, erklärt sie im Interview mit DocInsider.

Frau Dr. Flemmer, wie kann Ernährung unseren Blutdruck beeinflussen?

Das ist keine leichte Frage – es gibt verschiedene Faktoren, die den Blutdruck beeinflussen. Dazu gehört zum einen das Rauchen, dann Übergewicht und wenn man nachgewiesen salzempfindlich ist, spielt auch Salz eine große Rolle. Man sagt, dass 20-30 % der Gesunden und 50-60 % der Bluthochdruckkranken salzempfindlich sind. Das kann Folgen haben: Einmal Essen gehen und schon ist der Blutdruck hoch.

Welche Alternativen gibt es zu Salz und müssen Bluthochdruck-Patienten komplett auf Salz verzichten?

Ganz ohne Salz darf man gar nicht leben. Die Deutsche Hochdruckliga empfiehlt für alle Bluthochdruckkranken eine Salzaufnahme von nicht mehr als 6 g am Tag. Das entspricht etwa einem gestrichenen Teelöffel Salz. Diese Menge empfiehlt die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) auch für Menschen mit normalem Blutdruck. Leider nehmen die meisten allerdings locker das Doppelte zu sich. Salz bindet Flüssigkeit im Gewebe, daher ist es wichtig das Gewürz auch bei einer Herzschwäche einzusparen. 8 g Salz halten etwa 1 Liter Wasser im Körper zurück.

Salzfreie Gewürzmischungen erhält man im Reformhaus und in Bioläden. Natriumarmes „Salz“ gibt es dort auch. Natriumarme Würzmittel, salzarme Gemüsebrühen oder Senf erleichtern eine salzreduzierte Ernährung. An die Stelle von Salz rücken hier Kräuter und Gewürze sowie bestimmte Kaliumsalze, deren Geschmack zunächst etwas ungewohnt sein kann. Oft werden auch verschiedene Kräutersalze angeboten. Man muss beim Einkauf jedoch darauf achten, wie hoch der Kräuteranteil ist und vor allem sollte man den Geschmacksverstärker Glutamat vermeiden, der übrigens bei den Biovarianten nicht erlaubt ist.

Welche Rolle bei der Blutdrucksenkung spielen sekundäre Pflanzenstoffe?

Blutdruck senkende Wirkungen kennt man von einigen Lebensmitteln. Dies führt man überwiegend auf die sekundären Pflanzenstoffe zurück. Sekundäre Pflanzenstoffe sind Bestandteil unserer täglichen Ernährung. Man geht davon aus, dass man mit einer gemischten Kost pro Tag etwa 1,5 Gramm davon zu sich nimmt. Sekundäre Pflanzenstoffe sind in Gemüse, Obst, Kartoffeln, Hülsenfrüchten, Nüssen sowie Vollkornprodukten enthalten. Sie schützen möglicherweise vor verschiedenen Krebsarten und sorgen für eine Erweiterung der Blutgefäße und eine Absenkung des Blutdrucks. Eine blutdrucksenkende Wirkung haben drei Gruppen von sekundären Pflanzenstoffen: Polyphenole, Phytoöstrogene und Sulfide.

Zu den Polyphenolen gehören beispielsweise die Flavonoide. Sie verhindern Schäden an den Gefäßen, die wiederum den Blutdruck erhöhen können. Ein Flavonoid aus Orangenschalen, das sog. Hesperidin senkt zumindest im Tierversuch den Blutdruck. Dafür sind allerdings Konzentrationen erforderlich, die man über Lebensmittel nicht aufnehmen kann. Auch Sellerie enthält Flavonoide. Zwei Selleriestangen täglich sollen bereits eine blutdrucksenkende Wirkung haben. In Studien konnte man außerdem nachweisen, dass Heidelbeeren, Erdbeeren und Blutorangen den Blutdruck ebenso senken können wie Rote-Beete-Saft.

Welche Vitamine und Mineralstoffe sind gut für den Blutdruck?

Vitamin C und E spielen eine Rolle für den Blutdruck. Vitamin C wird sogar direkt eine blutdrucksenkende Wirkung zugesprochen. Ubichinon oder Coenzym Q10 und Vitamin D spielen eine Rolle, wenn man den Blutdruck in normale Bahnen lenken will. Kalium unterstützt im Kampf gegen einen hohen Blutdruck, Magnesium ebenso.

Außer bei einem nachgewiesenen Vitaminmangel ist es immer besser diese Nährstoffe natürlich aufzunehmen statt zu Tabletten zu greifen. Denn ansonsten kann man auch zu viel von dem einen oder anderen aufnehmen und das kann unangenehme Nebenwirkungen haben bis hin zu Krebs.

Anm. d. Redaktion: Weitere Infos zu natürlichen Vitalstoff-Lieferanten, Tagesbedarf und vitaminfreundlichem kochen und lagern gibt es in unserem Artikel Vitamine und Mineralstoffe: gesund im Doppelpack.

Eine gute Nachricht für Naschkatzen: Schokolade ist bei Bluthochdruck erlaubt, nur dunkel muss sie sein. Warum ist das so?

Weil der Kakao der interessante Inhaltsstoff ist und nicht das Fett oder der Zucker, die ansonsten die Hauptbestandteile der Süßigkeit sind. Dunkle Schokolade hat eine blutdrucksenkende Wirkung, die auf eine große Menge an Flavonoiden zurückzuführen ist. Anhand einer Studie erkannte man, dass der tägliche Verzehr von Bitterschokolade den systolischen (oberer, höherer Wert) und diastolischen Wert (unterer, niedrigerer Wert) des Blutdrucks deutlich absenkt. Dafür reichen 6 bis 20 Gramm dunkle Schokolade täglich aus. Wichtig ist, dass die Schokolade einen Kakaogehalt von mindestens 60 Prozent hat.

Empfehlenswert für Menschen mit Bluthochdruck soll die DASH-Diät sein. Wie funktioniert diese?

Die DASH-Diät steht für Dietary Approaches to Stop Hypertension, also Diätetische Ansätze, um Bluthochdruck zu stoppen. Letztendlich handelt es sich hier um eine mediterrane Ernährung mit kleinen Änderungen. Auch die DASH-Diät setzt auf einen hohen Frischkostanteil an Obst und Gemüse. Die Milchprodukte sind fettreduziert.

Tatsächlich konnte bei Teilnehmern an der DASH-Diät eine Absenkung des Blutdrucks um 8-14 mmHg systolisch erreicht werden. Der höhere, systolische Druck entsteht, wenn das Herz sich zusammenzieht und das Blut in die Gefäße pumpt.

Nicht nur was gegessen wird ist bei der Blutdrucksenkung entscheidend, sondern auch wieviel. Bitte erläutern Sie die Ernährungsform Volumetrics.

Crashdiäten, Fasten etc. sind zum Abnehmen ungeeignet. Nach neuesten Erkenntnissen ist das Volumen der Nahrung das Entscheidende. Volumetrics (von „Volumetrie“, dem Messen von Rauminhalten, auch beim Magen) nennt man die Ernährungsform, die dies berücksichtigt.
Die Sättigungssignale entstehen unabhängig davon, wie viel Energie die jeweilige Nahrung enthält. 80 % der Sättigung gehen auf das Volumen und nicht die Kalorienmenge zurück. Je mehr Kalorien das jeweilige Lebensmittel in derselben Menge enthält, desto größer ist die Energieaufnahme bei gleichem Sättigungseffekt. Isst man zum Beispiel Schnitzel, Obst oder Gemüse, so wird mit letzterem die Sättigung mit nur 150 kcal erreicht. Beim Schnitzel benötigt man für denselben Effekt 550 kcal.

Sie sagen, Menschen mit Bluthochdruck sollten mehr pflanzliche und weniger tierische Lebensmittel verzehren. Ist eine vegetarische oder vegane Ernährung besser für den Blutdruck?

Am besten isst man tatsächlich vegetarisch – es ist für die Gesundheit am besten. Zumindest sollte man drei oder mehr fleischlose Gerichte pro Woche einplanen. Vegan ist zu empfehlen, wenn man die Vitamin B12- und Eisenaufnahme beachtet. Es gibt aber keine Studien, die besagen, dass man sich bei hohem Blutdruck vegan ernähren soll.

Regelmäßige Saunabesuche senken den Blutdruck. Wie funktioniert das?

Leichter bis mittelschwerer Bluthochdruck lässt sich durch regelmäßige Saunabesuche bessern. Man erklärt sich das durch das Weiten der Arterien beim Schwitzen. Infolgedessen sinkt der Blutdruck und das Herz wird besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Wie genau – das lässt sich in meinem bei humboldt in der zweiten Auflage erschienenen Buch „Bluthochdruck natürlich behandeln“ nachlesen. Hier finden sich auch  noch viele weitere Möglichkeiten zur alltagstauglichen und sanften Blutdrucksenkung.

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